Johann Wolfgang von Goethe – Nähe des Geliebten


Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer
   Vom Meere strahlt;
Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer
   In Quellen malt.

Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege
   Der Staub sich hebt;
In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Stege
   Der Wandrer bebt.

Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen
   Die Welle steigt.
Im stillen Haine geh ich oft zu lauschen,
   Wenn alles schweigt.

Ich bin bei dir, du seist auch noch so ferne,
   Du bist mir nah!
Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne.
   O wärst du da!


(* 28.08.1749 in Frankfurt/Main | † 22.03.1832 in Weimar)